die starken helden

 
Die Freiheit des Menschen beschränkt das Gleichheitsprinzip. Umgekehrt begrenzt die Gleichheit des Menschen die individuelle Freiheit. Diese Heteronomie verhindert weitgehend die Einigkeit über Sinn und Bedeutung von Gerechtigkeit.
 
Die Ausstellung „die starken helden“, eine Umschreibung für Engel, geht von der Frage aus, warum in der heterogenen Gegenwartsgesellschaft das Prinzip Diskriminierung ein so erfolgreiches Konzept darstellt. Die Ausstellung zeigt künstlerische Positionen, die Antworten auf diese Frage sein könnten. Das Projekt ist weniger eine allumfassende Gesellschaftskritik, als vielmehr ein Versuch, mit Hilfe der künstlerischen Standpunkte einfühlend Ursachen für bestehende Vorurteile auszumachen. Dabei geht es um die Angst vor dem „Anderssein“ und Rollenerwartungen. Es werden nicht die angeklagt, welche Aggressionen und Vorurteile aufbauen, dafür wird aufgezeigt, was die Perspektiven bestimmt, welche Diskriminierung produzieren.
Nicht der Zustand der Gleichheit bedarf einer Legitimation, dieser ist „natürlich“. Legitimationsbedürftig sind Abweichungen vom Zustand der Gleichheit. Je einprägsamer die Abweichung, umso stärkere Argumente sind erforderlich. Entscheidend ist, wo die Macht sich befindet, über die Gültigkeit von Argumenten zu entscheiden.
Die Ausstellung will eine Vielfalt von Ansätzen zur Beantwortung der Frage, „Was bedeutet Diskriminierung?“, präsentieren und aufwerfen. Künstlerische Thesen dienen hierzu als Laboratorium. Diskussionen sollen Annäherungen ermöglichen und Abweichungen offen legen.
 
Inna Artemova sucht in ihrer Serie „Die Liga der außergewöhnlichen Ladies“ nach Positionen des Weiblichen in der Gesellschaft. Im Fokus steht die Frau und deren Rollenpluralität. Die von ihr geschaffenen Ladies sind stark, bewältigen alles und sehen dabei gut aus. Sie sind Fantasiefiguren, die Waffe angeboren, Realität und Fiktion werden zu einer medialen Ikone vermischt.
Die Serie „The others” von Grigori Dor stellt keine „besonderen” Menschen dar, doch verbindet sie alle eine Gemeinsamkeit, eine abweichende sexuelle Identität und Herkunft. Gemeinsam sind ihnen Erfahrungen von Ablehnung, Vorurteilen und sexueller oder rechtlicher Diskriminierung. „The others“ sind stilisiert und stehen als Sinnbilder einer multikulturellen Gemeinschaft.
Klaus Pinters Skulpturen sind gleichsam eine Installation. Im Vordergrund steht eine amorphe Beziehung, die zwischen ihnen vorherrscht – trotzt scheinbar offensichtlicher Unterschiede. Seine Skulpturen verdeutlichen den Gegensatz von Annahme auf Grund äußerer Merkmale und Tatsache nach intensiverer Beschäftigung.
Stilla Seis zeigt in ihren Fotografien Frauen und Männer. Keine weitere Identifizierung ist möglich. In einem zweiten Schritt der Abstraktion wird auch dieses Differenzierungsmerkmal aufgehoben. Der Künstlerin geht es in der Interaktion mit dem Publikum um die Frage der Anonymität in der Masse und Klassifikation der Masse als eigener Funktionsapparat.
Kerstin Stephan installiert Varianten von Liebespaaren. Dabei dient ihr die Zeichnung „Multikulturelles Liebespaar“, in der auf subtile Weise scheinbar wahllose Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufgezeigt werden, als Grundlage. Daraus entstehen allmählich Variationen von Liebespaaren, deren Benennungen an das Anlegen von Herbarien erinnern. Die Betrachtenden werden angeregt, weitere Variationen zu imaginieren.
Jenni Tietze zeigt mit ihrem plastischen Werk „8 Jungen und 1 Mädchen“ eine Variante, außerhalb der naturwissenschaftlich-psychologischen Praxis eine subjektive Konstruktion des Geschlechtes aufzuzeichnen. Die Naturwissenschaft als Abbildung einer Realität wird hinterfragt. Im auf der Plastik basierenden zeichnerischen Werk wird dieses „subkutane Wesen“ aus einer soziokulturellen Perspektive betrachtet, wobei es um die Selbstdefinition und Fremdbewertung des Menschen innerhalb eines Rollengefüges geht.
Magdalena Zyszkowska untersucht Facetten menschlicher Identifikation, exemplarisch steht hierfür das Gesicht. Nach welchen Schemata wird unterschieden und gegebenenfalls ausgemustert, ab wann verwandelt sich eine scheinbare Trivialität in eine Dynamik des Vorurteils? Fragen der Zuordnung werden aufgegriffen, indem sie ihre Gesichter jedweder Einordnung entzieht.
 
 
 
Kuratoren Franziska Eißner & Christian Liefke

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